Wärmenetze: Chancen und Konsequenzen für Verbraucher:innen

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Fernwärme bietet viele Vorteile. Doch die Preisentwicklung und Anbietermonopole stellen gleichzeitig große Nachteile dar. Verbraucher müssen achtsam sein.
Fernwärme Vorteile und Nachteile
Wärmenetze mit Fernwärme bringen viele Vorteile, aber auch Nachteile mit sich.

Fernwärme bietet viele Vorteile: Sie soll preisgünstig, unkompliziert und umweltschonend sein – so sagt die Werbung der Energieversorger. Die Preisentwicklung und Anbietermonopole stellen diese Aussagen jedoch in Frage, je nachdem, welchen zeitlichen Maßstab man ansetzt. Und beim Thema Umweltschutz gibt es oftmals noch Potential nach oben.
 

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Auf dieser Seite geben wir einen Überblick über die Rahmenbedingungen, die bei einer Entscheidung für oder gegen eine Versorgung mit Fernwärme in Betracht gezogen werden sollten.

Anbieterstruktur und Wechselmöglichkeit

  • Jedes Fernwärmenetz ist ein Monopol, eine Wechselmöglichkeit zu einem anderen Versorger besteht nicht.
  • Bei einer späteren Umstellung der Wärmeversorgung auf eine andere Technik ist in der Regel von einem nicht unerheblichen Kostenaufwand auszugehen. Je nach Gegebenheiten des Gebäudes kann eine Umstellung auch unmöglich sein.
  • Im Fall von Anschluss- und Benutzungszwang, der von der Kommune für ein Gebiet festgelegt werden kann bzw. bei Eintragung im Grundbuch durch Bauträger, erweist sich ein Wechsel als nahezu* ausgeschlossen.
*Bei kommunalem Anschluss- und Benutzungszwang ist es...

...im Einzelfall auf Antrag möglich, eine Befreiung hiervon zu erwirken. Dafür müssen Sie nachweisen, dass die von Ihnen geplante Wärmeversorgung durch die Nutzung regenerativer Energiequellen gedeckt wird.
Denn dann erfüllen Sie durch Ihre Wärmeversorgung den Sinn und Zweck, den der Erlass der Satzung hatte. Beachten Sie aber, dass es sich hierbei stets um Einzelfallentscheidungen handelt, die fast immer durch ein Gericht entschieden werden müssen.

Investitionskosten, Preise und Preisanpassung

  • Bauherren, die über einen Fernwärme-Hausanschluss nachdenken, sollten vorher einen sogenannten Vollkostenvergleich anstellen. Hierzu gehören zum einen die Baukosten, die in Bezug auf Wärmeversorgung durch Fernwärme geringer ausfallen. Denn dafür sind weder Heizungsgerät, Schornstein noch Lagerraum nötig. Zudem sind die Installations- und Wartungskosten - beispielsweise für Schornsteinfeger:innen - im Falle der Versorgungsart Fernwärme niedriger als zum Beispiel beim Anschluss eines Gasbrennwertgerätes.
  • Preise werden bei der Fernwärme in der Regel auf Basis von festen Preisbestandteilen und dem variablen Arbeitspreis pro verbrauchter Wärmeeinheit (€/MWh oder Ct/kWh) errechnet. Der feste Preisbestandteil ist zum Beispiel als Grundpreis pro Jahr oder Leistungspreis pro kW bereitgestellter Leistung und Jahr definiert.  Manchmal tritt ein sogenannter Verrechnungspreis in EURO pro Jahr hinzu, der auch Zählerpreis oder Ablesepreis genannt wird. Das Verhältnis von festen und variablen Preisbestandteilen ist nicht geregelt. In Bezug auf den festen Preisbestandteil spiegelt es zuweilen nicht den tatsächlich erforderlichen Leistungsbedarf wider (s.u.). Ein Wettbewerb mit den für Verbraucher:innen grundsätzlich positiven Preiseffekten fehlt.
  • Preisänderungen erfolgen in vielen Fällen auf der Basis vertraglich vorgesehener Preisänderungsklauseln, die sich nach der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) richten und  die bundesweit gilt. Demnach müssen Preisänderungsklauseln sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen (§ 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV). Die maßgeblichen Berechnungsfaktoren der Preisänderungsklauseln müssen vollständig und in allgemein verständlicher Form ausgewiesen sein. Der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung ist zudem gesondert auszuweisen.
  • Solche Preisänderungsklauseln sind komplex und nur mit einem gewissen Zeitaufwand oder mithilfe fachkundiger Erläuterung nachvollziehbar. Preisänderungsklauseln unterscheiden sich je nach den Gegebenheiten der Wärmeversorgungsnetze und Erzeugungsanlagen der einzelnen Anbieter und sind daher schlecht vergleichbar. Mit vertraglich vereinbarten Preisänderungsklauseln sind dem Versorger Anpassungen der Fernwärmepreise während der Laufzeit des Versorgungsvertrages möglich.
  • Es gibt außer der nachträglichen Missbrauchsaufsicht der Landeskartellbehörde keine Preiskontrolle.

Vertragskonzepte

  • Lange Vertragslaufzeiten geben langfristige Sicherheit, insbesondere bei einem Neubau. Andererseits erschweren diese aber einen Wechsel zu einem anderen Heizsystem.
  • Kurze Laufzeiten bieten weniger Sicherheit, denn Energieversorger können die Preisanpassungsklausel beziehungsweise das ganze Preissystem kurzfristig verändern.
  • Die Vertragsbindung an die Immobilie bewirkt, dass auch bei deren Verkauf der Energielieferant bestehen bleibt, sofern der Vertrag nicht das Ende seiner Laufzeit erreicht hat.
  • Anschlussleistungen sind häufig so festgelegt, dass der tatsächliche Bedarf nicht berücksichtigt wird. Dies gilt insbesondere bei Häusern mit sehr niedrigen Verbräuchen aufgrund einer guten Isolierung, beispielsweise bei Neubauten. Da die Anschlussleistung für den festen Preisbestandteil des Fernwärmepreises oft maßgeblich ist, führt energieeffizientes Bauen oder die nachträgliche Dämmung eines Hauses trotz des damit verbundenen geringeren Wärmeverbrauchs oft nicht zu geringeren Wärmekosten in erwarteter Höhe. Dadurch werden Anreize zur nachträglichen Wärmedämmung gemindert bzw. aufgehoben.
  • Besitzer eines Altbaus sollten vor einem Wechsel zur Fernwärme mögliche Sanierungsmaßnahmen geprüft werden. Nach dem Auszug der Kinder oder mit Modernisierungsmaßnahmen am Haus sinkt der Energieverbrauch. Im Rahmen eines Fernwärme-Vertrags haben Kund:innen in der Regel kein Recht auf eine Senkung der Anschlussleistung, wenn der Energieverbrauch abnimmt. Daher ist es sinnvoll, den Energieverbrauch vor Abschluss eines Fernwärmevertrags zu verringern – zum Beispiel mit einer energetischen Sanierung.

Versorgungssicherheit und Alternativen

  • Fernwärme gilt als verlässliche Wärmequelle. Dennoch gibt es Situationen, wie zum Beispiel den Rückzug von Energielieferanten aus der Fernwärmeversorgung, in denen eine Umstellung auf alternative Heiztechniken nötig wird.
  • Sind wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend für eine Umstellung der Wärmetechnik, sollten betroffene Eigentümer zuvor auch den Solidaritätscharakter der Fernwärmeversorgung berücksichtigen. Die Kosten der Unterhaltung des Fernwärmenetzes werden durch alle angeschlossenen Verbraucher getragen. Umso mehr Verbraucher an dem Netz teilhaben, umso günstiger sollte es werden.

Umweltfreundliche Heizungsart

  • Ein wichtiger Beitrag zum Gelingen der Energiewende ist die Dekarbonisierung bestehender und der verstärkte Ausbau von neuen Wärmenetzen. Diese beinhalten die flexible und effiziente Kombination erneuerbarer Energien wie Biomasse, Umweltwärme, Solarthermie oder Geothermie mit der Nutzung von Abwärme aus der Industrieproduktion oder von Überschussstrom.
  • Durch die Kraft-Wärme-Kopplung können Strom und Wärme zudem gleichzeitig produziert werden. Dies führt zu einem besseren Verhältnis von aufgewandter zu nutzbarer Energie (Wirkungsgrad) und im Gegensatz zu separater Strom- und Wärmeerzeugung wird der Brennstoffeinsatz und somit die CO2-Emissionen reduziert.
  • Im Vergleich zu mehreren einzelnen privaten Heizanlagen kann ein Wärmenetz oft effizienter und kostengünstiger arbeiten. Vor allem bei einer dichten Bebauung können Fernwärmenetze ihre Stärken ausspielen oder wenn die energetische Sanierung in einem Quartier nicht möglich ist.
  • In Schleswig-Holstein ist es den Fernwärmeversorgern nach § 8 Abs. 1 und 2 EWKG vorgeschrieben, unter anderem über den Produktmix, den Primärenergiefaktor sowie die CO2-Emissionen zu informieren. Stehen die Aspekte des Umweltschutzes bei einem Wechsel der Heizungsart im Vordergrund, sollten diese Informationen vor dem Wechsel in ein Fernwärmenetz geprüft werden.

Fernwärmekund:innen: Heiz-Check hilft Sparmöglichkeiten zu entdecken

Auf jeden Fall profitieren Hausbesitzer:innen davon, wenn sie vor dem Anschluss an Fernwärme einen hydraulischen Abgleich der Heizung machen lassen. Dabei stellt der Heizungsfachmann das Heizsystem so ein, dass alle Räume gleichmäßig erwärmt werden und der Energieverbrauch sinkt. Viele Heizungsanlagen im Bestand – auch auf Basis von Fernwärme – arbeiten ineffizient und verursachen bereits dadurch unnötig hohe Heizkosten.

Hier helfen die Heiz-Checks der Verbraucherzentrale weiter. Sie sind ein Angebot für alle privaten Verbraucher, die zum Beispiel einen Gas- oder Ölheizkessel, eine Fernwärmestation oder eine Wärmepumpe zu Hause haben.

Lesen Sie mehr zu den Heiz-Checks der Verbraucherzentrale.

Um mehr zum Thema Fernwärme, die Vor- und Nachteile dieser Wärmeversorgung oder auch über die Heiz-Checks der Verbraucherzentrale zu erfahren, klicken Sie einfach hier!

FAQ zur Fernwärme

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